1844 wurde die Eisenbahnstrecke Köln-Bonn eingeweiht. Sie war einer der
vielen Zeugen der rascher voranschreitenden Industrialisierung und der
damit verbundenen Verdrängung vieler Arbeitsplätze. Unzählige Menschen
verdienten damals im Winter Geld mit dem Weben von Stoffen, welche sie
dann an Tuchhändler und Schneider verkaufen konnten, andere versuchten
sich überhaupt ihr Brot mit dem Weben zu verdienen. Die aufkommenden
großen Tuchfabriken entzogen diesen Menschen die Lebensgrundlage mit
ihren viel billiger produzierten Stoffen und modernen Maschinen.
In
Schlesien, welches seit Mitte des 18ten Jahrhunderts preußisch war,
hatte sich die Gesellschaft noch nicht ganz vom Feudalsystem gelöst. Die
Menschen mussten an ihre Grundherren Abgaben zahlen, und
erwirtschafteten sich diese größtenteils durch das Verweben von Leinen
und Baumwolle. Mit dem Einsatz der Industrialisierung konnten sie nicht
mithalten. Neue Webstühle waren zu teuer und so konnten die Weber die
Qualität nicht erreichen, die in den Fabriken die großen modernen
Maschinen herstellten. Auch eine Erhöhung des Arbeitspensums, der
vermehrte Einsatz von Kinderarbeit und eine dadurch erwirkte
Mehrproduktion konnten den Preisverfall für den gewebten Stoff nicht
aufhalten. Die Weber verarmten und wer konnte, versuchte in einer der
Fabriken unter zu kommen. Am 03. Juni 1844 entlud sich die Wut und
Hilflosigkeit der Menschen in einer Revolte. Eine kleine Gruppe von
Webern marschierte zur Fabrik der Gebrüder Zwanziger, welche kurz zuvor
die Löhne der Arbeiter gekürzt hatten. Mit Hilfe von loyalen Arbeitern,
welche die Fabrikanten mit Knüppeln und Steinen bewaffneten, vertrieb
man die Protestler und ließ einen vermeintlichen Anführer von der
Polizei verhaften. Tags darauf zogen aufgebrachte Weber zum Landrat um
die Freilassung des Genossen zu erreichen und um gerechte Löhne zu
fordern. Das Gespräch verlief ergebnislos. Ziel des Unmutes der Weber
war nun wieder die Fabrik der Zwanziger. Diesmal drangen die Weber in
die Gebäude ein und zerstörten das Inventar. Sogar die Privaträume der
Herren Zwanziger wurden verwüstet. Die Fabrikanten flohen mit ihren
Familien nach Breslau.
Angespornt durch den Erfolg, zogen die Weber
nun weiter, von Fabrik zu Fabrik. Einige Fabrikanten konnten sich durch
Geldzahlungen und das Verteilen von Lebensmitteln „freikaufen“, anderen
erging es wie den Zwanziger-Brüdern. Das Militär wurde gerufen, welches
den Aufstand auch mit dem Einsatz von Artillerie niederschlug. Mehr als
dreißig Tote und Verletzte Zivilisten waren das Ergebnis dieser
„offiziellen Abhülfe“, wie es eine zeitgenössische Karikatur nannte.
In
der Öffentlichkeit erfuhr dieser Aufstand, der weder der erste noch der
heftigste seiner Art in dieser Gegend war, eine große Resonanz. Er
wurde durch Zeitungen, Flugblätter und Anschläge in ganz Preußen und den
deutschen Staaten publik gemacht. Auch Künstler nahmen sich ihm an,
kritisierten den Umgang der Herrschenden mit dem einfachen Volk.
Heinrich Heine schrieb sein berühmtes Gedicht „Die Weber“ und Georg
Weerth sein „Hungerlied“.
Die wahren Hintergründe des Aufstandes
traten in der Öffentlichkeit immer mehr zurück. Oppositionelle
instrumentalisierten ihn um Stimmungen zu schüren und Missstände
aufzuzeigen. Nun griff man auch die Aufstände von 1830 und 1835 wieder
auf. Diese vorangegangenen Ereignisse, auch wenn sie mit der Revolution
von 1848 nicht direkt in Verbindung standen, dienten ihr, zusammen mit
dem Weberaufstand und der Kartoffelrevolution, als Wegbereiter.